Ferienhäuser in Spanien, Firmen in Panama

Der Seco-Beamte Paul A. verbrachte viel seiner freien Zeit in einem spanischen Feriendorf.

Der Seco-Beamte Paul A. verbrachte viel seiner freien Zeit in einem spanischen Feriendorf.

Paul A. besass mehrere Immobilien in Spanien.

Für deren Verwaltung hatte er eine eigene Immobilienfirma.

Das Geld aus den krummen Geschäften war damit gut angelegt.

Text von Christian Brönnimann und
Illustrationen von Christoph Fischer.

Der mutmasslich korrupte Seco-Beamte Paul A. verbrachte viel von seiner freien Zeit in Spanien. Dort besass er eine Immobilienfirma, die Playa Brava Service SL. Über diese lief die Verwaltung seiner Liegenschaften in einem Feriendorf nahe von Tossa de Mar an der Playa Brava. Die erste Liegenschaft erwarb Paul A. zusammen mit seiner damaligen Partnerin im Jahr 1991. Bei einigen seiner Arbeitskollegen im Seco machten schon damals Gerüchte die Runde, dass IBM das Ferienhaus (mit)finanziert habe. Allerdings konnten die Gerüchte selbst in einer Administrativuntersuchung nicht erhärtet werden.

Im Lauf der Zeit erwarb Paul A. in der Feriensiedlung ein zweites Haus, ein Appartement sowie die siedlungseigene Wäscherei und den Laden. Das geht aus Unterlagen der Verwaltung der Siedlung und aus Aussagen von anderen Hauseigentümern hervor. Es besteht der Verdacht, dass Paul A. Geld aus den krummen Geschäften im spanischen Feriendorf anlegte. Die Bundesanwaltschaft klärte dies jedenfalls ab und beantragte eine Grundbuchsperre für die Immobilien. Im Lauf der Ermittlungen zeigte sich Paul A. auch bereit, die Liegenschaften zu verkaufen und den Erlös zur Begleichung allfälliger Forderungen aus dem Strafverfahren auf ein Sperrkonto einzuzahlen. Der Wert der Liegenschaften wird auf 500'000 bis 800'000 Franken geschätzt.

Um die Ferienwohnungen der Siedlung zu vermieten, betrieb Paul A. die Internetseite www.playabrava.ch, auf der er für den «perfekten, abwechslungsreichen Sommerurlaub an der Costa Brava» warb.

Die Internetseite lief über einen Server der System Connect AG von Werner D. Offenbar hatte Paul A. sogar eine Mitarbeiterin für die Verwaltung der Immobilien angestellt. Auf der Karriereplattform Xing fand sich das Profil einer Frau, die angab, früher als «administrative Hilfskraft» bei der Playa Brava Service SL gearbeitet zu haben.

Auch die Tonaufnahme der Sitzung von Ende 2012 enthält einen Hinweis auf das Spanien-Geschäft. Besprochen wird ein mysteriöser Zusatz von 12 Prozent über eine bestimmte Vertragssumme, deren Ursprung den Beteiligten nicht mehr so ganz klar ist:

Fabrice C.: «Hängt das nicht irgendwie mit deiner Mitarbeiterin zusammen, da in Spanien?»

Paul A.: «Hm?»

Fabrice C.: «Nicht? Aus irgendeinem Grund sind doch die 12 Prozent mal gekommen.»

Simon B.: «Zuerst waren es mal 15.»

Dann wird die Aufnahme undeutlich. Paul A. drückt sich offenbar um eine Antwort, nuschelt und sagt dann in unfertigen Sätzen:

Paul A.: «Oder, der Werni (Damit ist wohl Werner D. von der System Connect gemeint.) hat das ja auch drin. Wir haben gesagt, man muss da etwas haben, wenn man immer... Ja, also, man kann das machen.»

Auch die Tätigkeit von Paul A. in Spanien endete übrigens im Streit. Von 2000 bis 2009 amtierte er als Präsident der Eigentümer-Genossenschaft der Feriensiedlung, in der es etwa 100 Häuser und Apartments gibt. Mit der Zeit wuchs die Kritik an seiner Person. Eigentümer monierten, er verlange gemessen an seiner Arbeit zu hohe Entschädigungen. Zudem gab es Interessenkonflikte, weil Paul A. gleichzeitig als Verwalter und als Präsident der Genossenschaft tätig war. So ist belegt, dass er Rechnungen für Dienstleistungen über mehrere Tausend Euro an sich selbst genehmigte und auszahlen liess. 2009 trat Paul A. als Präsident zurück. Es habe «spürbares Misstrauen» an seiner Person gegeben, hielt er in einem Brief an die Genossenschaft fest. Und: «Das gegenseitige Verständnis zwischen Mitgliedern und Vorstand war leider nicht immer in der erhofften Form vorhanden.»

Das Mittelmeer ist nicht das einzige Meer, zu dem Spuren aus der Seco-Affäre führen. Diese reichen bis über den Atlantik. Genauer: nach Panama. Dort führten zwei Personen mit einem direkten Bezug zu den Hauptakteuren der Affäre vier Offshore-Firmen. Einerseits ist dies der Zürcher Treuhänder Urs. E., der enge Vertraute von Fabrice C. und Simon B, der schon per Strafbefehl verurteilt wurde. Andererseits ist es der Bruder von Fabrice C. Er sass mehr als ein Jahrzehnt lang im Stadtzürcher Gemeinderat, war Banker und ist immer noch Vermögensverwalter. Über die Bankkonten der Panama-Firmen flossen gemäss den Ermittlungen viele Hunderttausend Franken aus der Seco-Affäre.

Die Tonaufnahme der Sitzung von Ende 2012 enthält einen Hinweis darauf, dass neben dem Treuhänder auch der Bruder etwas mit den Geldflüssen zu tun hatte. Der Seco-Beamte Paul A. wollte Kontakt mit dem Treuhänder aufnehmen, kannte jedoch dessen Telefonnummer nicht. Daraus ergab sich folgender Dialog:

Paul A.: «Du, hör mal, wie kann ich – ich muss ja irgendwann mal noch mit dem E. (Name des Treuhänders) zusammenkommen.»

Simon B.: «Mhm.»

Paul A.: «Weisst du, ich muss ja dort mal sagen gehen, wie sie das Zeug da verteilen sollen auf der Bank und so. Du weisst ja nicht, was er uns sonst noch für Spesen abgerechnet hat.»

Simon B.: «Mhm. Weiss ich nicht.»

Paul A.: «Kann ich ihn einfach anrufen?»

Simon B.: «Sicher (diktiert die Handynummer von E.). Ich habe ihm sowieso gesagt, als ich das erledigt habe, das andere, habe ich ihm gesagt, du würdest ihn mal anrufen.»

Paul A.: «Wobei das andere, da hat ja – dein Bruder hat schlecht verteilt.»

Fabrice C.: «Ich habe keine Ahnung.»

Paul A.: «Nein, nein, schon nicht, aber deshalb muss ich ihm ja sagen gehen – es nützt ja nichts, wenn es nichts bringt.»

Simon B.: «Nein, ruf den einfach an!»

Paul A.: «Also gut, also.»

Wie lange die ausgeklügelte Geldverteil-Maschinerie in Gang war, wird wohl nie bekannt werden. Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft reichen nur bis ins Jahr 2004 zurück. Gewiss ist hingegen, dass Paul A. schon in den 1990er-Jahren im Seco respektive in dessen Vorgängeramt Biga für Unruhe sorgte – jedoch von seinen Vorgesetzten immer wieder gedeckt wurde. Lesen Sie dazu mehr im folgenden Kapitel «Vorgeschichte».

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