Auf die Jubiläumsfeier folgt der Abschied von Uetikon

Bild: Michael Trost

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Das älteste Chemieunternehmen der Schweiz öffnet ein letztes Mal die Pforten. Tausende von Besuchern sagten Adieu.

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Zum einen feiert die CPH Chemie + Papier Holding AG am Samstag ihr 200-jähriges Bestehen, zum andern heisst es gleichzeitig Abschiednehmen von Uetikon. Die Firmenholding hat das Land an Kanton und Gemeinde verkauft und den Betrieb eingestellt.

Die Organisatoren des Schlussaktes halten am Eingang fest, wie viele Gäste eintreffen. Pro Hundert Besucher gibt es ein Strichlein. Am frühen Nachmittag sind bereits 1500 Feierfreudige gezählt worden. «Bis zum Ende des Festes in vier Stunden erwarten wir nochmals so viele Leute», sagt einer der Helfer. Der Besucherstrom verteilt sich rasch auf dem grossen Fabrikareal, das teilweise zur Chilbi geworden ist. Bei den Allerjüngsten steht das Kinderkarussell hoch im Kurs. Geschicklichkeitsspiele und eine Schiessbude gehören mit zum Budenzauber. Hauptattraktion ist eine Fahrt mit dem Riesenrad.

Artisten, Budenzauber und Dampfloki beim Abschiedsgruss: Das Jubiläums-und Abschiedsfest der Chemie Uetikon. Video: David Gonzalez.

Erinnerungen an alte Zeiten

Eher zum Verweilen laden all die artistischen Darbietungen ein. Am Werk sind Pantomime-Künstler, Artisten, Komiker und Clowns. Auch die Gaumenfreuden kommen nicht zu kurz: Zum Abschiedstrunk gibt es Kulinarisches vom Güggeli bis zu Thai-Food.

Zu sehen sind am kunterbunten Anlass viele lachende Gesichter. In den Gesprächen an den Tischen in der Festwirtschaft erfolgt unter den älteren Semestern aber auch die Rückbesinnung auf vergangene Zeiten. Es sei schön, sich hier nochmals umzusehen, heisst es in der Runde. Ein wenig Wehmut kommt auf, an Humor fehlt es trotzdem nicht. Ein älterer Herr erzählt, wie er als Kind zusammen mit seinen Gschpänli auf dem Fabrikgelände verbotenerweise Verstecken gespielt habe.

Nostalgie auf Geleise

Nostalgie kommt ebenso auf, als vis à vis der Festwirtschaft auf der Seestrasse die Warnlichter aufleuchten und die Barrieren heruntergehen. Zur Feier des Tages sind die Fabrikgeleise nochmals in Betrieb genommen worden. Hornsignale ertönen und eine Dampflokomotive mit drei angehängten Wagen hält zischend Einzug vor einer der grossen Fabrikhallen.

«BT9 1910» ist auf der Dampflok eingraviert. Lokführer Hanspeter Butz sagt: «Wir sind von der Bodensee-Toggenburg-Bahn und sind für das Fest eingeladen worden.» Als die Bahn im Jahr 1910 eröffnet worden sei, habe es neun Dampfloks gegeben. «Ich fahre also die 9.» Die Zugskomposition ist am Vorabend von Bauma via Wetzikon und Rapperswil-Jona in Uetikon eingetroffen.

«Wir haben immer noch Holzklasse», sagt Butz weiter und lacht. Die zwei Personenwagen sind denn auch mit «3. Klasse» angeschrieben. Die rote Laterne trägt ein Gepäckwagen.

Die vielen Dampfloki-Fans kommen auf ihre Rechnung. Der Nostalgiezug wird rege benutzt und dient zum Pendeln der Festbesucher. Die gemütliche Fahrt führt zum Perron 3 im Bahnhof Uetikon und zurück. Pünktlichkeit wird gross geschrieben. Der letzte Zug fährt am Endes der Feier um 18.02 Uhr ab.

Rückblick auf die Gründerzeit

Historisches gibt es auch in einer weiteren Halle zu sehen. Hinter Glas sind Dokumente aus vergangenen Zeiten der chemischen Fabrik Uetikon ausgebreitet. Erinnert wird an die Gründer im Jahr 1818, die Gebrüder Schnorf, deren Pioniergeist und soziales Engagement geehrt wird.

Ausgestellt ist ein Büchlein mit dem Namen «Pensionsfonds, Stiftungsurkunde und Reglement». Vermerkt ist zudem die Spende von 100 000 Franken für das Altersheim Wäckerling-Stiftung (heute Pflegezentrum Haus Wäckerling). Einer Preisliste ist zu entnehmen, dass im Jahr 1896 der Preis für 100 Kilogramm Phosphorit-Superphosphat 8 Franken und 30 Rappen betrug, die gleiche Menge Rebendünger kostete damals Fr. 15.90. Nun ist ein Kapitel Industriegeschichte mit einer würdigen Feier zu Ende gegangen. (Ueli Zoss)

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