Die Puppenspieler

Als Präsident Putin 2008 zurücktreten musste, sorgte die Bank Rossija dafür, dass sein Freund Einfluss erhielt auf Industrie und Medien. Schweizer Firmen und Anwälte halfen dabei.

2011 visiert Wladimir Putin die erneute Präsidentschaft an.

2011 visiert Wladimir Putin die erneute Präsidentschaft an.

Ein Rüstungsbetrieb und ein Medienunternehmen wurden durch Roldugins Briefkastenfirmen kontrolliert.

Daimlercherf Dieter Zetsche trifft Wladimir Putin 2010 bei einem Besuch des Automobilkonzerns GAZ.

Daimlercherf Dieter Zetsche trifft Wladimir Putin 2010 bei einem Besuch des Automobilkonzerns GAZ.

Der Kamaz-Vertrag gibt einen Hinweis darauf, zu welchem Zweck die Offshore-Firmen Roldugins vielleicht eingerichtet wurden. Es ging womöglich gar nicht um Geld, sondern um Macht.

Im Mai 2008 musste Putin gemäss Verfassung als Präsident zurücktreten. Er wechselte auf den Posten des Ministerpräsidenten. Wenige Wochen vor dieser Machtabgabe erhielt sein Familienfreund via eine Briefkastenfirma Einfluss auf einen der grössten Industrie- und Rüstungsbetriebe des Landes.

In den Panama-Papieren findet sich zudem ein ganz ähnlicher Vertrag, bei dem etwa zur selben Zeit ein Bevollmächtigter von Roldugin über eine andere Briefkastenfirma sehr ähnliche Rechte erhielt über einen anderen grossen Industriekonzern Russlands. Auch dies geschah zur Zeit von Putins Rücktritt als Präsident. Diese geheime Kontrolle hatte womöglich praktische Auswirkungen.

Wenige Monate nach dem Georgienkrieg, im Dezember 2008, verkaufte Troika 10 Prozent ihrer Aktien weiter, und zwar an den Deutschen Autoriesen Daimler.

Nach aussen sah es so aus, als hätte die respektierte Troika-Bank eigenständig entschieden zu verkaufen. Doch die Panama-Papiere deuten nun darauf hin, dass Cellist Roldugin oder seine Bevollmächtigten diesen Kauf womöglich absegnen mussten.

Kamaz hat auf Anfragen nicht reagiert. Der damalige CEO von Troika Dialog, Ruben Wardanjan, wollte keine Details zu Roldugins Rolle nennen: «Diese Informationen sind grösstenteils rechtlich geschützt und vertraulich», schreibt er in einem Brief.

Während Putins Präsidentschaft beginnt die Bank Rossija systematisch, Medienunternehmen aufzukaufen.

Glatt polierte Oberfläche: Putin auf Fernsehbildschirmen in einem russischen Elektronikgeschäft.

Glatt polierte Oberfläche: Putin auf Fernsehbildschirmen in einem russischen Elektronikgeschäft.

Wie die Panama-Papiere weiter zeigen, beschränkte sich der Einfluss von Roldugin nicht nur auf Industriebetriebe. Für dessen zweite Firma, IMO, hatte Rossija – so scheint es – andere Pläne.

Während Putins erster Präsidentschaft bis 2008 begann Bank Rossija bereits systematisch, russische Medienbeteiligungen aufzukaufen. 2006 erlangte die Bank zum Beispiel die Kontrolle über REN TV.

Der Sender berichtete zuvor unerschrocken über Korruption in der Regierung Putin und liess als eine der wenigen TV-Stationen Oppositionelle zu Wort kommen. Seit der Übernahme durch Rossija 2006 wurde der Sender erheblich regierungsfreundlicher.

In jenem März 2008 organisierte Rossija-Banker Wlad K. die Unterschriften für die Kamaz-Verträge. Zur gleichen Zeit kaufte Roldugins Firma IMO-Aktien der Firma Med Media Network. Schon der Name der Offshore-Firma International Media Overseas deutet darauf hin, dass sie bereits bei ihrer Einrichtung von der Bank Rossija womöglich als Medienvehikel gedacht war.

Und tatsächlich: Zwei Jahre später erhielt Med Media Network ein substanzielles Aktienpaket eines Unternehmens, das grosse Teile der Werbeeinnahmen von zahlreichen russischen TV-Anstalten kontrollierte.

In den Panama-Papieren sieht es so aus, als würde das alles von Angestellten der Bank Rossija gesteuert. Sie verwenden die Firmen Roldugins scheinbar wie Marionetten – und Schweizer Finanzintermediäre halfen mit.

Nicht nur hielt Gazprombank Schweiz und ihre Vorgängerbank Konten für Roldugins Firmen. Der geheime Vertrag zur Kontrolle von Kamaz enthielt auch eine Verfügung, dass sich Roldugin und Co. untereinander per Fax abstimmen mussten. Rossija gab für den Musiker die Faxnummer von Mossack Fonseca Zürich an. Drei der vier anderen Briefkastenfirmen aus den Kamaz-Verträgen nannten als toten Briefkasten die Faxnummer einer renommierten Anwaltskanzlei an bester Lage am Zürichsee.

2006 übernimt die Bank Rossija die Kontrolle über Ren TV – einst ein regimekritisches Medium.

© Tamedia