«Wir sind mehr als Krieg»

Genti, Mimoza und Filip wollen nur eines: Versöhnung. 20 Jahre nach dem Krieg vermitteln sie dafür zwischen Albanern und Serben.

Genti Behramaj (25) hat als Kind den Kosovokrieg miterlebt. Heute engagiert er sich in einer Friedensorganisation.

Genti Behramaj (25) hat als Kind den Kosovokrieg miterlebt. Heute engagiert er sich in einer Friedensorganisation.

Text: Aleksandra Hiltmann
Fotos & Video: Aleksandra Hiltmann, Privat

Im alternativen Kulturzentrum Galerija Aquarius in Mitrovica läuft jugoslawischer Rock. Genti Behramaj (25) mag diesen Ort. Hier können sich Serben und Albaner treffen, lachen, einander umarmen. «Doch niemand schreibt darüber.» Auch nicht darüber, wie der junge Mann den Besitzer auf Serbisch begrüsst und einen Wein bestellt. Genti ist Albaner. Durch seine Stadt verläuft eine Grenze.

Der Fluss Ibar trennt den mehrheitlich albanisch bewohnten Süden, wo Genti mit seiner Familie lebt, vom mehrheitlich serbisch bewohnten Norden der Stadt, wo die Galerija Aquarius liegt. Über die grosse Brücke, die die Stadtteile verbindet, mögen viele nicht gehen.

«Die ethnische Teilung ist eine Herausforderung, und ich kämpfe dagegen», sagt Genti. Seit er 17 ist, wohnt er in Mitrovica. Er gehört zu jener Generation in Kosovo, die mit Erinnerungen an den Krieg in ihr Leben startete. Nebst Genti haben auch andere, die heute kaum dreissig Jahre alt sind, Gewalt, Flucht und Angst erlebt, einige den Verlust von Familienangehörigen. Heute leben sie in einem Land, in dem politische Unsicherheit, Korruption und hohe Arbeitslosigkeit herrschen. Viele Junge fühlen sich um ihre Chancen betrogen. Einige versuchen trotz prekären finanziellen Lebensumständen nach vorne zu schauen, auch wenn es darum geht, die Wunden, die der Krieg hinterlassen hat, zu heilen. Genti ist einer von ihnen.

Der Kosovokrieg

1998 brach in der damals serbisch beherrschten und mehrheitlich von Albanern bewohnten Provinz Kosovo ein bewaffneter Konflikt aus.

Nach Massakern an der kosovo-albanischen Zivilbevölkerung startete die Nato im März 1999 Luftangriffe gegen die serbischen Sicherheitskräfte. Das Bombardement endete am 10. Juni 1999. Danach begann der Abzug der serbischen Einheiten, Kosovo wurde unter die Administration der Vereinten Nationen gestellt, und internationale Truppen der Nato, die Kosovo Force (Kfor), wurden stationiert. Die Kfor ist bis heute vor Ort.

2008 erklärte sich Kosovo unabhängig, 2012 wurde das Land aus der internationalen Verwaltung in die Souveränität entlassen. Serbien anerkennt die Unabhängigkeit Kosovos weiterhin nicht.

Zu Beginn habe er sich in die Sicherheitszone auf der anderen Seite der Brücke vorgewagt, dann auf die Hauptstrasse, die Zar-Lazar-Strasse. «Die ersten Male hatte ich das Gefühl, als würde mich jeder brandmarken – nicht als Genti, als Mensch, sondern nur als Albaner.» Aber dann seien die Leute einfach an ihm vorbeigegangen.

Sie trennt zwei Welten: Auf der einen Seite der Ibar-Brücke in Mitrovica liegt der serbische auf der anderen der albanische Stadtteil.

Heute geht er selbstverständlich weit hinein den Nordteil der Stadt, findet das normal. Doch ihm sei klar, dass er mit dieser Meinung zu einer Minderheit gehöre. Er versteht jene, die sich bis heute fürchten, es ihm gleich zu tun, jene, die während des Krieges hier waren und Schreckliches erlebt haben. Auch Genti brauchte Zeit. Er stammt aus der Drenica-Region.

«Ich hatte das Gefühl, als würde mich jeder brandmarken.»

Rund eine halbe Autostunde von Mitrovica entfernt ziehen die für die Drenica-Region typischen bewaldeten Hügel vorbei. Dort war der Widerstand der kosovarischen Befreiungsarmee UÇK während des Krieges besonders stark. Entsprechend hart gingen die serbischen Sicherheitskräfte vor – systematische Zerstörung albanischer Dörfer, Feuergefechte, Massaker.

Wie reagieren junge Albaner und Serben, wenn sie sich zum ersten Mal begegnen? NGO-Leiterin Helena Poucki weiss es.

Genti zeigt auf ein Ortsschild, «Kotorr» – «die schlechte Version von Kotor», sagt er und zieht die Parallele zur hübschen Küstenstadt Kotor in Montenegro. Gentis Kotorr brannte während des Krieges. Mit seiner Familie flüchtete er in die umliegenden Wälder. «Als wir zurück ins Dorf kamen, brannte unser Haus immer noch.» Er erinnert sich an Graffiti in kyrillischer Schrift, die an den übrig gebliebenen Hauswänden prangten. Jahrelang überkam ihn beim Anblick kyrillischer Schriftzeichen die Angst. Doch er habe sie überwunden. Auch die Brücke. «Serbophil» hätten ihn die Leute danach genannt, Verräter.

Die Erinnerungen an Frieden zurückbringen

Zurück in Mitrovica. Auf dem Kreisel vor der Brücke über den Ibar schlafen Hunde. Es ist ruhig. Genti geht wieder in den Norden. Er steuert auf das European Union Information and Cultural Centre zu. Dort rückt seine Kollegin Mimoza Istrefi (25) nervös Stühle zurecht. An diesem Abend findet ein Anlass einer lokalen Friedensorganisation statt, für die Genti und Mimoza arbeiten. Sie organisieren einen Geschichtenabend. Leute aus Mitrovica erzählen, wie es damals war, in Jugoslawien, als die Stadt noch nicht geteilt war, als man an Jazz, Rockmusik, Miniröcke, Fussball und Kultur dachte, wenn man Mitrovica hörte, und nicht an die Brücke.

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«Können Serben und Albaner je Freunde werden?»

«Derselbe Schnaps und dieselbe herzliche Art: Das verbindet Serben und Albaner.»

Mimoza Istrefi (25): Kommunikationsbeauftragte der lokalen Friedensorganisation Gaia Kosovo.

Mimoza Istrefi (25): Kommunikationsbeauftragte der lokalen Friedensorganisation Gaia Kosovo.

Auf dem Boden liegen ein rot gemusterter Teppich und eine Lichterkette, an der Wand hängen alte Fotos von Sportveranstaltungen im einst jugoslawischen Mitrovica. Mimoza fürchtete, dass nur wenige kommen werden. Im Vorfeld habe sie «Kommentare» erhalten – wieso sie einen Anlass auf der serbischen Seite organisiere. Sie ist Albanerin, aus dem Süden.

Doch bald kommen Gäste. Von beiden Seiten. Sie hören den drei Sportstars von früher zu, die in ethnisch gemischten Teams spielten. Der Übersetzer – Serbisch-Albanisch – fügt sich nahtlos in den Abend ein. Draussen blinken die blauen Lichter der Kfor-Fahrzeuge, die die Brücke bewachen. Für diesen Abend zumindest schenkt ihnen niemand Beachtung.

Auch am nächsten Morgen ist es ruhig. Auf der Brücke ein altes Paar mit Plastiktüte auf dem Weg zum Einkaufen, Kinder auf Fahrrädern.

Die Stadt Mitrovica liegt im Norden des Kosovo. Grafik: san

Auf der Südseite warten Genti und Mimoza in einem Café. Sie sind sich nicht einig, wo im Norden der nächste Geschichtenanlass stattfinden soll. Genti träumt vom Aquarius, das weit hinter der Brücke liegt.

Mimoza ist besorgt über die Sicherheit der Besuchenden, fühlt sich selbst nicht wohl, im Norden Albanisch zu sprechen. «Ich verliere gerade die Hoffnung. Es macht mich traurig.»

Nord-Mitrovica

Blickt man von hier auf die Stadt, steht man im serbischen Teil von Mitrovica. Hier wehen serbische Fahnen, bezahlen kann man in serbischen Dinars, viele Autos fahren mit serbischen Nummernschildern. Politisch gehört aber auch Nord-Mitrovica zu Kosovo.

Wohnblocks am Ufer

Bewohner aus Mitrovica erzählen, dass in diesen Häusern gleich am Flussufer Leute aus verschiedenen ethnischen Gemeinschaften wohnen. Weiter hinter den Blocks wohnen mehrheitlich Serben. Auf der anderen Seite wohnen mehrheitlich Albaner.

Erinnerungen am Fluss Ibar

Ältere Leute erinnern sich an die Zeit, in der Mitrovica zu Jugoslawien gehörte. Damals war der Fluss keine Grenze zwischen Albanern und Serben. Mitrovica war bekannt für eine lebendige Kulturszene. Heute erinnert der Name der Stadt an ethnische Konflikte.

Die albanische Seite

Seit dem Krieg 1998/99 findet das Leben in Mitrovica mehrheitlich ethnisch getrennt statt. Für Aussenstehende ist unter anderem an den Moscheen auf der Südseite von Mitrovica zu erkennen, dass hier Albaner wohnen.

Die Brücke, die keine ist

Die grosse Brücke über den Ibar ist für viele kein verbindendes, sondern ein trennendes Element. In der Vergangenheit kam es hier oft zu Ausschreitungen zwischen Serben und Albanern.

Vorbei an Gittern und Soldaten

Bis heute wird die Brücke von Soldaten der KFOR bewacht, der internationalen Kosovo-Schutztruppe der Nato, für die auch Schweizerinnen und Schweizer im Einsatz sind. Im Bild: Das Areal um den Südzugang zur Brücke.

Gang über die Brücke

Fussgänger können die Brücke problemlos überqueren. Viele Einheimische fürchten sich jedoch davor. Für den regulären Verkehr ist die Brücke weiterhin nicht passierbar.

Die Barrikaden

Auf der nördlichen Seite der Brücke erwarten einen Strassensperren. Sie wurden aus Furcht vor Angriffen errichtet. Der renovierte Kreisel wartet derweil darauf, dass in Zukunft der Verkehr um ihn fliessen wird.

Die Politik steht im Weg

«Jo Zajednica», «Nein zur Gemeinde». 2015 hätten sich serbische Mehrheitsgemeinden in Kosovo zu einem Verbund zusammenschliessen sollen. Die Regierung in Pristina hat diesen Beschluss bis heute nicht umgesetzt.

Der Krieg in den Dörfern

Fährt man eine halbe Stunde raus aus Mitrovica, erreicht man die Drenica-Region. Von hier stammt Protagonist Genti Behramaj. Wie sein Heimatdorf Kotorr wurden auch viele andere Dörfer im Krieg von serbischen Einheiten angegriffen und niedergebrannt.

Zurück ins Leben finden

Nach dem Krieg schaffte es Gentis Familie nicht mehr, ihr Leben in Kotorr wiederaufzubauen. Sie zogen nach Mitrovica. Heute versucht Genti dort, einen Beitrag zur Versöhnung von Serben und Albanern zu leisten.

Frieden schaffen

Genti hat Anlässe mitorganisiert, an denen Leute erzählen, wie das Leben im damals jugoslawischen Mitrovica war. Die Geschichten sollen die Erinnerung an das friedliche Zusammenleben zurückzubringen – damit es auch in Zukunft wieder möglich wird.

Sie wolle niemanden beleidigen, wenn sie Serbisch lerne und ab und zu in den Norden gehe, sagt Mimoza. Ob sie vergessen hätte, was mit ihrer und anderen Familien passiert sei, höre sie aus ihrem Umfeld. «Meine Eltern haben den Krieg anders erlebt als ich. Ihr Leben wurde zerstört.» Trotzdem wünscht sie sich, dass ihre Freunde gute Leute kennen lernen, Serben, zu denen sie augenblicklich einen guten Draht habe.

Oft seien es die kleinen Dinge, die Gemeinsamkeiten zwischen Serben und Albanern aufzeigen würden, findet sie: dasselbe Essen, derselbe Schnaps, dieselbe herzliche Art, wie man sich begrüsst.

Mimoza trägt stets ein kleines Notizbuch bei sich, in dem sie sich serbische Worte und Ausdrücke notiert. Diese brauche sie, wenn sie im Norden in einen Laden oder ein Café gehe, am liebsten mit internationalen Freiwilligen, die sie hier in der Stadt kenne. So fühle sie sich sicherer.

Falsche Bilder

Genti habe nie Probleme gehabt im Norden. Dazu gehöre aber auch, nicht zu provozieren. Selfies mit Adlergesten etwa seien Tabu. Einmal hätten zwei Albaner auf ihn gewartet, im Süden, als sie ihn von der Brücke haben kommen sehen. Erst als sie merkten, dass er Albanisch spricht, hätten sie von ihm abgelassen.

Die Opfer

Schätzungen des Humanitarian Law Center Kosovo zufolge kamen während des Kriegs 8676 Albaner, 1196 Serben und 265 Roma ums Leben. Fast die gesamt damalige Staatsführung Serbiens wurde in Den Haag wegen Kriegsverbrechen in Kosovo verurteilt. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 1000 Leichen albanischer Opfer in Serbien vergraben wurden. In Kosovo werden bis heute rund 1500 Personen vermisst, mehrheitlich Albaner. Eine Unbekannte Anzahl kosovo-albanischer Frauen wurde von serbischen Soldaten und Polizisten vergewaltigt.

Zu Attacken von Mitgliedern der kosovarischen Befreiungsarmee UÇK auf Angehörige von Minderheiten kam es in Kosovo vor allem nach dem Krieg. Die ehemaligen UÇK-Mitglieder sollen jetzt vor einem neuen Sondergericht in den Niederlanden zur Verantwortung gezogen werden.

Als 2018 der kosovo-serbische Politiker Oliver Ivanović ermordet wurde, oder als im selben Jahr im Norden gegen die Einfuhrzölle der kosovarischen Regierung auf serbische Produkte demonstriert wurde, blieb auch Genti zu Hause, im Süden. Manchmal sei es tatsächlich gefährlich. Aber eben nicht immer.

«Viele Leute von hier haben noch nie jemanden aus dem Norden getroffen.»

Mimoza und Genti sind sich einig: Viele Kosovarinnen und Kosovaren wüssten nicht, was es bedeutet, in einer geteilten Stadt zu leben, würden weder Mitrovica noch «die andere» Seite kennen. Die Medien würden die Leute einer Gehirnwäsche unterziehen. Es gebe nur die Brücke, die Teilung, das Kriegs-Image, Serben und Albaner. «Doch wir sind mehr als das», sagt Genti. «Viele Leute von hier haben noch nie jemandem aus dem Norden getroffen, einfach, um mal einen Kaffee oder ein Bier zu trinken. Das ist das grösste Problem», so Mimoza.

«Ich verstehe, wenn viele noch nicht bereit sind, aufeinander zuzugehen.»

Filip Rakic (25) ist Serbe und studierte an der Universität in Süd-Mitrovica. Heute ist er Projektmanager bei der lokalen NGO «Wake Up Club».

Filip Rakic (25) ist Serbe und studierte an der Universität in Süd-Mitrovica. Heute ist er Projektmanager bei der lokalen NGO «Wake Up Club».

Genauso sieht das der Serbe Filip Rakić (25) aus Nord-Mitrovica. «Wir wurden gefüttert mit jenen Gedanken, die während des Krieges vorherrschten.» Wie Genti und Mimoza zählt er sich zu jener Minderheit, die den Fluss Ibar nicht als Grenze sehen will. Genti und Filip haben sich im Norden kennen gelernt, spätabends, bei einem Bier. Sie sind Freunde geworden. Ab und zu treffen sie sich im Aquarius. Filip spricht einige Worte Albanisch, ansonsten unterhalten sie sich auf Englisch.

In Universitätskursen, die im Süden stattfanden, war er der einzige Serbe. Kein Problem für Filip. Dass er Serbe sei, helfe ihm in Kosovo sogar bei der beruflichen Karriere. Einige Organisationen und Institutionen kennen ethnische Quoten. In Serbien hingegen werde er diskriminiert, weil er für viele nicht Serbe, sondern Kosovo-Serbe sei.

«Es ist, als lebe man an einem Ort, an dem die Gegenwart immer im Griff der Vergangenheit ist.»

Das Leben in Mitrovica findet er verwirrend. Im Norden zu leben, sei fast, wie in Serbien zu leben. Überall serbische Fahnen, bezahlt wird in serbischen Dinars, die Nummernschilder vieler Fahrzeuge ebenfalls serbisch. Politisch gesehen ist Nord-Mitrovica Teil einer kosovarischen Gemeinde. Es sei, sagt Filip, als würde man in einem Limbo leben, einem Ort, an dem die Gegenwart immer im Griff der Vergangenheit sei, einem Ort, an dem jeder seine Opfer beklagen, aber niemand Verantwortung übernehmen oder Entschuldigungen aussprechen möchte.

Auf die andere Seite zu gehen, schafft Nähe. Doch die Brücke in Mitrovica ist bis heute ein Symbol der ethnischen Teilung in Kosovo.

Auch Filip versteht, wenn viele noch nicht bereit sind, so wie er und Genti aufeinander zuzugehen. Er spricht von Glück, dass er mit fünf Jahren zu jung war, um den Krieg zu verstehen. Seine Familie flüchtete damals nach Montenegro. Er glaubt, dass ihm das helfe, offen zu sein. Oft sucht er Gleichgesinnte an NGO-Seminaren. Dort sehe er Frieden.

Nicht vergessen, aber weitermachen

Aber als er das letzte Mal Sirenen in seiner Stadt hörte – ein Zwischenfall nahe der Brücke – habe er Gänsehaut gekriegt. «Niemand mag Sirenen hier». Sie erinnern die Leute an den Krieg, an all die Dinge, mit denen auch Filip nicht hätte aufwachsen sollen. Blut vor Gebäuden, Gewalt, die Zeit nach dem Krieg, als die Mutter die Kinder in den Flur des Hauses schickte, wenn die Sirenen ertönten. Im Flur gab es keine Fenster, durch die jemand hätte schiessen können.

Filip fragt sich, ob sich seine Erlebnisse irgendwann rächen werden, als posttraumatische Belastungsstörung. In psychologischer Behandlung sei er nie gewesen, auch seine Freunde nicht, die das Bombardement der Nato erlebten. Er fragt sich, ob seine Generation die letzte war, die das durchleben musste. Er hofft es inständig. Deshalb besucht er die Geschichtenanlässe von Genti und Mimoza, deshalb überquert er die Brücke, immer und immer wieder.

«Das ist Frieden. Niemand achtete darauf, wer Serbe oder Albaner ist.»

Auch Genti wird weitermachen und die Brücke überqueren, alleine, zusammen mit anderen – es werden immer mehr, möchte er glauben.

Einer seiner Träume ging bereits in Erfüllung. Der letzte Geschichtenanlass fand im Aquarius statt, mit ehemaligen Mitgliedern der Big Band von Mitrovica, die erzählten, wie es damals war, als nicht die Nationalität, sondern die Musik zählte. Am Boden Lichterketten, die auf aufmerksame Gesichter aus allen Stadtteilen schienen. Genti war begeistert: «Das ist Frieden. Es war grossartig. Niemand achtete darauf, wer Serbe oder Albaner ist.»

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«Können Serben und Albaner je Freunde werden?»

Impressum:
Text: Aleksandra Hiltmann
Foto: Aleksandra Hiltmann, Privat
Video: Aleksandra Hiltmann
Produktion: Dinja Plattner

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